Das kennen sicher alle Radfahrenden in Berlin: Baustellen, an denen der Radverkehr nicht oder nur ungenügend beachtet wurde. Da endet der Radweg unvermittelt an einer Baustellenabsperrung, eine alternative Führung des Radverkehrs fehlt. Radfahrende sollen sich hier in Luft auflösen oder verbotswidrig auf dem Fußweg radeln oder sich über hohe Bordsteinkanten und zwischen parkenden Autos hindurch auf die Fahrbahn begeben und in den Fließverkehr einordnen.
Noch schlimmer: Temporäre Schutzstreifen in Baustellen, die den Namen „Schutz“-streifen nicht wert sind, vielmehr Radfahrende in Lebensgefahr bringen, wie vor Kurzem in der Greifswalder Straße (siehe Artikel im Tagesspiegel), wo sich Auto- und Radfahrende per angeordneter Fahrbahnmarkierung hochgefährlich zu nahe kamen.
Auf dem Tag der Verkehrssicherheit am 17.06.2017 hatte der Staatssekretär Kirchner (Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz) erklärt, die Mängel in der Verkehrslenkung Berlin für den Themenbereich Radfahrende und Baustellen seien abgestellt. Wenn Bürgerinnen und Bürger eine mangelhafte Baustelle über die Webseite und E-Mail-Adresse der Verkehrslenkung Berlin melden würden, gäbe es zeitnah Antworten und ggf. Korrekturen vor Ort. Das war vor einem Jahr.
Unser Netzwerk wollte es nun genau wissen: Deshalb haben wir innerhalb eines Jahres (Juni 2017 bis Juli 2018) genau 100 mangelhafte Baustellen bei der o. g. Mailadresse angezeigt. Dann haben wir das Antwortverhalten der Verkehrslenkung Berlin und von Straßenverkehrsbehörden in den Bezirken erfasst, die von der Verkehrslenkung Berlin als zuständig benannt wurden.
Das Ergebnis ist ernüchternd:
- In 29 von 100 Fällen erhielten wir auf unsere Meldung keine Antwort.
- In 45 von 100 Fällen schrieb uns die Verkehrslenkung nur, die Anzeige sei an die Straßenverkehrsbehörde des Bezirks X weitergeleitet, diese würde dann antworten. Aber es folgte keine Antwort.
- In 5 von 100 Fällen teilten die Verkehrslenkung oder die Straßenverkehrsbehörde mit, es handele sich aus ihrer Sicht um keinen Mangel.
- Nur in 21 von 100 Fällen antwortete die Verkehrslenkung oder die Straßenverkehrsbehörde, dass der Mangel behoben sei oder in Kürze abgestellt würde.
Unser Fazit:
- Baustellen werden durch die Verwaltung kaum noch überwacht.
- Mit der von der Verkehrslenkung Berlin eingerichteten E-Mail-Adresse und Webseite werden nun schon die Bürgerinnen und Bürger eingespannt, die Überwachungsfunktion zu übernehmen. Doch auch das funktioniert nicht, weil die Verkehrslenkung Berlin oder die zuständigen Straßenverkehrsbehörden diese Anzeigen drei Viertel der Fälle nicht oder nur unvollständig bearbeiten.
- Deshalb erleben wir als Radfahrende auch weiterhin tagtäglich, wie wir an Baustellen behindert und gefährdet werden.
Mit diesem Zustand wollen wir uns nicht abfinden. Wir haben inzwischen eine Tageszeitung informiert, werden eine weitere Presseinformation an die Berliner Zeitungen herausgeben und eine Beschwerde an die zuständige Senatorin R. Günther versenden. Wir drängen darauf, dass die Verkehrslenkung Berlin und die Straßenverkehrsbehörden zukünftig deutlich mehr Aufmerksamkeit dem Thema „Sicher Radfahren in Baustellen“ widmen.
Unsere Detailauswertung des Antwortverhaltens findest Du in diesem Dokument: Auswertung von 100 Meldungen zu Mängeln Radverkehr an Baustellen.