Wild-West Verhältnisse herrschen auf der B1 (Potsdamer, Haupt- und Rheinstraße im Stadtbezirk Tempelhof-Schöneberg) seit Jahrzehnten. Die Busspur wird grundsätzlich zugeparkt, Zweite-Reihe-Kampfparker machen aus der dreispurigen Straße eine einspurige. Die vielen Linienbusse bleiben stecken, verspäten sich. Fahrgäste müssen mitten auf der Fahrbahn aussteigen, weil die Haltestelle nicht erreichbar ist für den Bus. Und die Radfahrenden? Die meiden in den meisten Fällen die Hauptstraße – viel zu gefährlich. Andere weichen aus Angst auf den Gehweg aus. Wer dennoch dort mit dem Rad unterwegs ist, muss immer wieder riskante Slalom-Manöver in Kauf nehmen – zwischen sich öffnenden Autotüren, Zweite- Reihe-Kampfparkern, ÖPNV-ausbremsenden Egoisten und fließendem Verkehr. Radinfrastruktur? Fehlanzeige.
Genauso die Kreuzungen. Kreuzgefährlich – auf maximalen Kfz-Durchfluss optimiert. Der tödliche Abbiegeunfall von letzter Woche? Blutzoll für ein bisschen schnelleres Ankommen mit dem Auto. Für motorisierte Bequemlichkeit, für mutloses und viel zu zögerliches Umsetzen der Vision Zero.
Am 19.07.2017 von der BVV beschlossene Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit an exakt der Unfallstelle werden zynischerweise “Sofortmaßnahme” genannt – brauchen aber nach Recherchen des Tagesspiegels vier Monate, um vom Bezirksschreibtisch auf den entscheidenden Senatsschreibtisch von der VLB zu wandern.
Zynisch ist weiterhin, dass Verkehrssenatorin Günther nun den “schnellen” Umbau der Kreuzung ab Frühjahr lobt und ein Jahr Bearbeitungsdauer für rasches und vorbildliches Handeln hält.
Angesichts der vielen tödlichen und schweren Fahrradunfälle, angesichts des schrecklichen Unfalls am bekannten Gefahrenpunkt Kolonnenstraße/Hauptstraße fordern wir von den verantwortlichen Politikerinnen – namentlich Frau Schöttler und Frau Günther – ein Ende des bürokratischen Schneckentempos. Ein Jahr Bearbeitungsdauer für eine Sofortmaßnahme ist ein Grund zum Weinen, keiner zum Stolz sein
Daher fordern wir die unverzügliche Umsetzung beschlossener Sofortmaßnahmen.
- Wegnahme der rechten Spur in der Kolonnenstraße
- Markierung eines breiten Radweges dort, wo sich ehemals die rechte Spur befand
- Farbliche Markierung der Radfurt über die B1 hinweg
- Umsetzung innerhalb der nächsten Woche – warm genug ist es
- Verzicht auf Garantiegewährung der Baufirma wegen Winterperiode
- ggf. Nachbesserungsarbeiten im Frühling
- Notfalls provisorische Markierung mit gelber Baustellenfarbe, “richtige” Farbe dann im Frühling
Mittelfristig – mit Umsetzung bis Ende des Jahres – fordern wir für den B1-Abschnitt zwischen Kurfürsten- und Dominicusstraße folgende Zwischenlösung, bis die Straßenbahn nach Steglitz errichtet wird (was noch Jahre dauern kann):
- B1 für Radfahrende sicher gestalten
- Die Busspur um eine Spur weiter gen Fahrbahnmitte verschieben
- Die Busspur ausnahmslos dem ÖPNV vorbehalten
- Einrichtung einer geschützten Radspur auf ehemaliger Busspur
- Tempo 30 auf verbleibender Fahrspur
- Konsequentes Abschleppen von Fahrzeugen, die eine Verkehrsbehinderung darstellen
Diese Maßnahmen sind ohne Versetzung eines einzigen Bordsteins möglich – wie die gezeigte Animation veranschaulicht.
Lediglich an den Bushaltestellen sind Anpassungsarbeiten notwendig. Schon Ende des Jahres könnte der Umbau vollzogen sein. Voraussetzung: Einzig und allein politischer Wille und mutiges Voranschreiten.
Wir bitten die Bezirksregierung, Frau Regine Günther und nicht zuletzt Herrn Michael Müller rasch zu handeln. Nicht erneut darf ein Menschenleben der Preis sein für das Aufwachen und Aktivwerden der verantwortlichen Politiker*innen.