Kommen wir mal zu einer unserer Lieblingsrubriken, der Antragshermeneutik und der Antragskritik. Also zur Frage, was bedeutet eigentlich das, was so in einem bestimmten Antrag steht.
Konkret haben wir uns den Antrag für die Einwohnerversammlung zum Schulenburgring vorgeknöpft. Die hat den schönen Titel „Zum Miteinander von Autos und Fahrrädern im Schulenburgring“.
Unabhängig davon, dass Autos und Fahrräder unbelebte Gegenstände sind und somit nicht in sozialen Austausch treten können, haben wir haben uns gefragt, ob der Antrag dem mutmaßlich gemeinten Sinn, ein gutes Miteinander von Nutzer*innen von Fahrrädern und Autos zu befördern, gerecht wird. Soviel vorab: Wenn der Abend so abläuft, wie der Antrag geschrieben ist, dann darf man eine unfreiwillig unterhaltsame, aber leider auch eine von wenig Miteinander geprägte Veranstaltung erwarten.
Und eine weitere Vorwarnung: dieser Text ist lang und geht detailliert auf den ganzen Antrag ein. Man kann aber wieder springen und zwar: zum allgemeinen Thema, wonach das Parken Vorrang vor dem Radverkehr genießt. Weiter geht es über trockenere Erläuterungen zur Frage, wie lange Schilder vorher anzukündigen sind und warum ein einfacher Widerspruch hilfreicher gewesen wäre. Wir beantworten dann, was aus Sicht des Antrags überzogen heißt. Es folgen Ausführungen, dass die Antragsteller Radfahrer lieber draußen halten wollen und ihnen dabei auch noch Wege vorschreiben. Es wird dann der Frage nach gegangen, wie knapp städtischer Raum und ob ein Parkplatz gesund ist. Von da ist es bis zum Untergang des Kiezes nicht mehr weit. Wer das alles nicht lesen will, kann auch gleich zum Fazit springen.
Der Gegenstand
Als Gegenstand des Antrags auf eine Einwohnerversammlung wird genannt:
Rücknahme der am 11.07.2017 von der Abteilung Bürgerdienste, Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt des BA Tempelhof-Schöneberg eingerichteten beidseitigen absoluten Halteverbotszonen im Einbahnstraßenabschnitt des Schulenburgrings, Einmündungsbereich zur Manfred-von-Richthofen-Straße‚ zur Fahrtrichtungsfreigabe für Fahrradfahrer in entgegengesetzter Richtung zur Einbahnstraßenverkehrsführung.
Die Forderung besteht darin, dass die Halteverbotszonen zurückgenommen werden sollen. Und zwar vollständig. Es gibt keine Kompromisslösung. Beide Straßenseiten sollen wieder so genutzt werden, wie zuvor: als Parkbereiche, also als Abstellflächen für privat genutztes Eigentum auf öffentlichem Straßenland. Radfahrerinnen und Radfahrer werden weder erwähnt noch überhaupt in den Blick nimmt. Folglich hat sich nach diesem Antrag die Freigabe der Einbahnstraße für den gegenläufigen Radverkehr den Autostellflächen unterzuordnen. Ob Radfahrende gegen die Einbahnrichtung fahren können, ist solange egal, wie trotzdem Parkflächen möglich sind. Sollten Stellplätze wegfallen, ist halt der Radverkehr zu beschränken, damit eben das nicht passiert.
Bereits der Gegenstand der Einwohnerversammlung weist also wenig auf ein Miteinander hin, sondern vielmehr auf die Dominanz einer Verkehrsart. Kommen wir zu den einzelnen Punkten der Begründung:
Einwohnerversammlung statt Widerspruch
1. Die Maßnahme erfolgte ohne Vorankündigung. Das Parken wurde durch das Ordnungsamt Tempelhof-Schöneberg unverzüglich als gebührenpflichtige Ordnungswidrigkeit geahndet, ohne dass die Halter, der darin zum Zeitpunkt der Zoneneinrichtung geparkten Kraftfahrzeuge eine Chance hatten, sich der Verbotssituation gemäß verhalten zu können. Als Anwohner kritisieren wir, nicht rechtzeitig von der zuständigen Stadträtin und Leiterin der Abt. Bürgerdienste, Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg informiert worden zu sein, zumal unvermittelt und unverzüglich ein ordnungswidriges Verbot ausgesprochen wurde, das uns betrifft.
Die Antragsteller, laut Text mindestens zwei und dort wohnend, stellen sich in diesem Abschnitt als Opfer dar, die von einem „ordnungswidrigen Verbot“ betroffen sind und sofort abkassiert wurden. Der inhaltliche Sachverhalt dazu ist: Verkehrszeichen (mit Regelungsinhalt) wie diese Halteverbotsschilder sind Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung. Der übliche Weg ist, diese Verwaltungsakte durch die Aufstellung der Schilder bekannt zu geben. Ab dann gelten sie auch. Ein Vorlauf durch eine Bürgerbeteiligung beispielsweise ist dafür nicht nötig und auch nicht die Regel.
Zur fraglichen Ahndung: Wer sein Auto nach der Aufstellung im Geltungsbereich parkt, handelt ordnungswidrig. Stand das Auto schon vor der Aufstellung dort, ist dieser Verstoß gegen das Verbot nicht vorwerfbar – also nicht ordnungswidrig. Ob ein Auto schon vorher geparkt war, muss der Aufsteller der Schilder in der sogenannten „Negativliste“ dokumentieren, so dass Widersprüche gegen eventuell falsche Bußgeldbescheide ohne großen Aufwand möglich sind. Auch politisch wurde den Betroffenen die Aufhebung der Verfahren zugesichert. Der Tagesspiegel berichtet jedoch, es habe sich bislang im Ordnungsamt keiner gemeldet. Was die Frage aufwirft, wer das Knöllchen geschrieben hat: Das Ordnungsamt oder die Polizei? Oder gab es am Ende gar keine Knöllchen? Die „72-Stunden-Regel“ spielt bezüglich möglicher Ordnungswidrigkeiten übrigens keine Rolle und ist nur für die Gebührenentscheidung relevant, wenn Fahrzeuge umgesetzt/abgeschleppt wurden.
Da diese Schilder ein Verwaltungsakt sind, wäre die formal korrekte Gegenwehr dagegen eine Klage vor dem Verwaltungsgericht. Dort könnte entschieden werden, ob das Halteverbot selbst regelwidrig ist, oder eben nicht. Für die Behauptung im letzten Satz, dass das Verbot ordnungswidrig ist, liefert der Text jedoch selbst keine Begründung.
Stattdessen wird mit einer politischen Forderung auf einer Einwohnerversammlung die politische Bühne betreten und explizit der Stadträtin (und nicht der Verwaltung an sich) Fehlverhalten vorgeworfen. Das kann man machen. Es dient jedoch nicht der Sachfrage, ob diese Halteverbotszonen zulässig und korrekt sind. Sondern mit der Auseinandersetzung auf dem politischen Feld in Form einer Einwohnerversammlung werden politische Fragen ausgefochten: Macht und Gegenmacht, sowie der Kampf um Einfluss, für und gegen Deutungshoheiten und Reputationen. Tatsächlich ist der Aufwand für eine Einwohnerversammlung im Verhältnis zur umgewidmeten Stellplatzfläche von einer Handvoll Autos bizarr hoch. Sind die Antragstellenden dagegen interessiert daran, die Stadträtin und die Verwaltung in die Schranken zu weisen, die ersten Anfänge einer Verkehrswende auf lokaler Ebene zu torpedieren und Gegner zu mobilisieren, dann ergibt die Einberufung einer Einwohnerversammlung viel mehr Sinn.
Die Existenzfrage um die geöffnete Einbahnstraße
2. Die Maßnahme betrachten wir als Anwohner als überzogen, zumal die Fahrstreifenbreite des Schulenburgrings in dessen weiteren Verlauf das Ausweichen von Fahrzeugen und Fahrradfahrern aus unserer Sicht nicht gewährleistet und letztlich Gefahrenpotenzial provoziert, das zuvor nicht bestand. Deshalb erscheint uns als Anwohnern diese Maßnahme als fragwürdig.
Die Halteverbotszonen als „überzogen“ zu betrachten, bedeutet, dass man darin einen unnötigen Überschuss neben dem Gebotenen sieht, auf den verzichtet werden kann. In welchen Fällen würden wir sagen, die Halteverbote wären überzogen? Möglicherweise dann, wenn die Straße für das Parken komplett gesperrt ist. Oder wenn kein Auto mehr durchfahren kann. Das liegt aber nicht vor. Wegen der Besonderheit der Kurve am Anfang und der längeren Strecke bis zur Kreuzung ist ein Warte- und Ausweichbereich entstanden, den wir bereits als äußerst maßvoll bewertet haben. Wenn die sieben bis acht wegfallenden Stellplätze für die Antragsstellenden „überzogen“ sind, dann könnten sie ja begründen, dass es nur drei hätten sein müssen, um ein Miteinander von Auto- und Fahrradverkehr zu ermöglichen. Tatsächlich ist für sie aber jede noch so kleine Änderung im Vergleich zum vorherigen Zustand überzogen und unnötig, denn die gesamte Maßnahme ist „fragwürdig“ und damit in Frage gestellt.
Inhaltlich gibt es keine feste Mindestbreite, die für den Begegnungsverkehr nötig ist. Die Erfahrungen zeigen: da sich beide Verkehrsteilnehmer sehen, können und werden sie sich verständigen. Selbst in schmalen Straßen. Geöffnete Einbahnstraßen senken das Unfallrisiko und holen Radfahrende vom Gehweg. Entsprechend sind uns auch seit der Öffnung keine Probleme mit Unfällen dort bekannt. In unmittelbarer Nachbarschaft gibt es mit dem Wolffring zwischen Manfred-von-Richthofen-Straße und Boelckestraße zudem eine Straße, die noch enger ist und auf der alle Verkehrsteilnehmer in beide Richtungen unterwegs sein können.
Die fremden Radfahrer sollen draußen bleiben
Weil der zweite Teil von 2. und 3. inhaltlich zusammenpassen, kommentieren wir beide gemeinsam:
Alternativen der Verkehrslenkung für Fahrradfahrer u. a. zur Entlastung des Tempelhofer Damms wie z. B. über den Parallelabschnitt des breiteren Kaiserkorsos zwischen Bayernring und Manfred-von-Richthofen-Straße, der für alle Verkehrsteilnehmer deutlich besser einzusehen ist, scheinen auch mit Blick auf die Verkehrssicherheit für Fahrradfahrer ignoriert werden zu sein.
3. Ebenso wie Fußgängern die sichere Überquerung der Manfred-von-Richthofen-Straße durch die Entfernungen zur Ampelanlage Manfred-von-Richthofen-Straße/Bayernring sowie zu den beiden Zebrastreifen Manfred-von-Richthofen-Straße/Schulenburgring und Höhe Kaiserkorso „zugemutet“ wird, halten wir die zumal sicherere Fahrradroute (s. Punkt 2) als Alternative für Fahrradfahrer in nördlicher Fahrtrichtung für vertretbar und auch zumutbar.”
Hier wird die Katze endgültig aus dem Sack gelassen. Der gegenläufige Radverkehr soll im Zweifelsfall unterbunden werden. Interessant ist jedoch vor allem die Haltung, mit der anderen Verkehrsteilnehmenden begegnet wird. So stehen sich „wir als Anwohner“ und „Fahrradfahrer“ gegenüber. Radfahrer sind in dieser Vorstellung „Fremde“, die von draußen kommen, nach draußen wollen und „uns“ ohne weiteres umfahren können. Die „Anderen“ sollen sich umorientieren, andere Wege nehmen, damit „uns“ keine Parkplätze weggenommen werden. Was ist mit den Anwohnerinnen und Anwohnern in der Straße, die Fahrrad fahren? Wo bleiben deren Interessen?
Es gibt immerhin dort mehr abgestellte Fahrräder als Autos. Diese Menschen, Nachbarinnen und Nachbarn sind schließlich die Hauptprofiteure der neuen Regelung. Sie müssen nicht den Gehweg benutzen oder nicht mehr einmal um den Block fahren, um nach Norden in die Innenstadt zu gelangen. „Wir Anwohner“ im Text sind deshalb eigentlich „Wir Auto abstellende Anwohner“, die nicht an einem Ausgleich mit den anderen Nachbarinnen und Nachbarn interessiert sind.
Darüber hinaus verblüfft der Gestus, für andere Menschen mitdenken zu wollen und deren Interesse gleich mit zu formulieren. Wer durch den Schulenburgring fahren möchte, der wählt diesen Weg nicht ohne Grund. Sei es, weil man darüber besser in die Dudenstraße gelangen kann (das geht über die vorgeschlagene Route über den Kaiserkorso nicht), sei es weil es ein sicherer Schulweg zur angrenzenden Schule ist, sei es, dass man als Anwohner aus dem Leonhardyweg zu den Geschäften der Manfred-von-Richthofen-Straße möchte. Der bevormundende Ton, für andere mitzudenken, ist anmaßend. Zumal der fließende Verkehr nach §45 StVO nur bei Vorliegen einer erheblichen Sicherheitsgefährdung eingeschränkt werden darf. Diese Gefährdung liegt jedoch nicht vor und deshalb ist der gegenläufige Radverkehr zuzulassen.
Die Forderung, eine alternative Radverkehrsführung zu prüfen, läuft ins Leere: Seit 2009 muss nicht mehr nachgewiesen werden, dass die zu öffnende Strecke in der flächenhaften Radverkehrsplanung notwendig ist. Warum bitte sollte sich die Verwaltung diese unnötige Arbeit trotzdem machen? Das ist eine Arbeit, die keinem nutzt, aber viele gängelt.
Besonders „gefreut“ haben wir uns übrigens über das Argument in Punkt 3. Sinngemäß steht dort: Weil Fußgänger woanders Ampeln und Zebrastreifen nutzen können/müssen/dürfen, können Radfahrer hier ruhig einen Umweg fahren. Das scheint völlig irrational zu sein – und in der Tat: das ist es auch. Es ist vor allem ein „Bauchargument“, das ausdrücken möchte: Radfahrer, stellt euch nicht so an, ihr habt hier keine Sonderrechte. Tatsächlich geht es hier aber nicht um Sonderrechte, sondern um die Frage, warum die Straße so aussehen soll, dass sie vor allem Autofahrerinnen und Autofahrern gerecht wird.
Weniger Parkraum tut weh
Punkt 4 zersägen wir in kleine Teile:
Parkraum ist knapp.
Da die Stadtfläche begrenzt ist, ist jeder Raum in der Stadt knapp, nicht nur der von Parkräumen. Das ist ein Allgemeinplatz. Wenn die Flächenkapazitäten aber beschränkt sind, dann stellt sich die Frage nach der effizienten und sinnvollen Nutzung des öffentlichen Raumes für möglichst viele. Wie unsere Stadtflächen genutzt werden, ist deshalb eine politische Frage. Die 12 Quadratmeter Abstellflächen je privaten Autos ist nicht seit Anbeginn der Zeit eine Abstellfläche für ein privates Auto, sondern sie wurden dazu gemacht. Deshalb ist es insbesondere möglich, über öffentliche Flächen neu zu bestimmen. Damit muss man als Autoabsteller*in auf öffentlichem Grund auch immer leben, wenn man nicht selbst für einen eigenen Stellplatz Vorsorge trifft.
Der Wegfall von bis zu 12 Parkplätzen stellt darüber hinaus eine empfindliche Reduzierung der Parkplätze dar.
Nein. Es sind erstens nur sieben bis acht Stellflächen betroffen. Zweitens gibt es kein Recht auf einem Parkplatz vor der Haustür. Für Bewohnerparken wird nach der Verwaltungsvorschrift zur StVO den Parkplatzsuchenden eine Entfernung von bis zu 1.000 Metern zugemutet. Selbst in der näheren Umgebung von 500 Metern um die entfallenen Abstellplätze gibt es mehr als 1.400 Parkplätze, die nachts genutzt werden können. Nicht einmal ein Prozent der Parkplätze im zumutbaren Gebiet ist entfallen. Das ist auch im Stadtbild sichtbar. Man kann in jede Richtung schauen und sieht an allen Straßen abgestellte Autos. Hier wird ein Bequemlichkeitsanspruch anderen Interessen vorangestellt, für den es keine Grundlage gibt.
Dadurch erhöht sich Stress für uns als Anwohner, überhaupt einen Parkplatz zu finden, es werden mehr Dieselpartikel, mehr Kohlendioxid in die Atemluft geblasen und gleichzeitig mehr Lärm durch die verlängerte Parkplatzsuche erzeugt.
Wir lesen also: Fehlende Stellplätze machen „uns Stress“, sie erzeugen Lärm, verpesten die Luft: kurz: Stellplatzumwidmung macht krank und vergiftet die Umwelt. Oder sind das vielleicht nicht doch die Folgen der generellen Autonutzung? Wir haben da so einen Verdacht und empfehlen zur Vermeidung von Stress und zum Schutz der Umwelt prophylaktisch zu laufen, auf das Fahrrad oder auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.
Weiterhin ist zu beobachten, dass mit in Kraft Treten der Halteverbotszonen im Schulenburgring deutlich mehr Fahrzeuge in zweiter Spur auf der Manfred-von-Richthofen-Straße (kurz)parken und ein damit verbundenes zusätzliches Gefahrenrisiko für alle Verkehrsteilnehmer hervorgerufen wird.
Bislang macht es noch nicht Schule, dass Radfahrerinnen und Radfahrer ihr Fahrrad auf der Fahrbahn in zweiter Reihe abstellen und dann kurz zum Bäcker gehen. Vermutlich sind das daher jene Autofahrerinnen und Autofahrer, bei denen die Polizei Berlin „überwiegend eigensüchtige Motive“, Sorglosigkeit und fehlendes Unrechtsbewusstsein festgestellt hat. Wer hier aus Bequemlichkeit in zweiter Reihe steht, fährt nicht in eine Seitenstraße, um von dort in die Geschäfte zu gehen. Viel eher liegt das Problem, wie Markus Hesselmann bereits 2012 feststellte, ein Meter weiter rechts: bei den von Dauerparkern belegten Kurzparkzonen.
Der drohende Untergang
Aber kommen wir ruhig von diesen Alltagsproblemen zur Apokalypse:
5. Für automobile Kunden der Unternehmen und Dienstleister wird das Einkaufen und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen in den Geschäften, den Apotheken, Anwaltskanzleien und Arztpraxen entlang der Manfred-von-Richthofen-Straße, die wir als Anwohner als Schlagader der lebenswerten „Berliner Mischung“ betrachten, unattraktiv. Wir sehen das mittelfristige Risiko, dass erforderlichen Umsätze nicht mehr erzielt werden, Geschäftsaufgabe(n) zu einer „Verödung“ führen damit die attraktive „Berliner Mischung“, die u.a. eine fußläufige Versorgung für den täglichen Bedarf, die Inanspruchnahme ärztlicher oder anderer Leistungen in unmittelbarer Wohnortnähe dadurch gefährdet wird. Und dies ohne Not, siehe Punkt 2.
Auch hier ist die Regel: Wer unterwegs ist und hier mit dem Auto einen Zwischenstopp macht, der fährt nicht in die Seitenstraße. Auf der Manfred-von-Richthofen-Straße gibt es 259 Parkplätze, von denen 194 eine Haltebeschränkung auf zwei Stunden haben. Wenn in einer Seitenstraße 3 Prozent dieses Stellplatzvolumens verschwindet, dann verödet die Hauptstraße? Ernsthaft?
Bei unseren Zählungen am Tempelhofer Damm haben wir einen zweistelligen Prozentsatz an Dauerparkern gefunden. Wer Kundenparkplätze will, muss also mehr Ordnungskräfte und höhere Bußgelder fordern, aber nicht andere behindern, wenn sie diese Geschäftsstraße mit einem anderen Verkehrsmittel erreichen wollen.
Aber in einer Sache hat der Antrag Recht: die Geschäfte profitieren tatsächlich überwiegend von ihrer fußläufigen Kundschaft (und der Aufwertung der Umgebung durch die Stilllegung des Flughafens). Wer sich wirklich um die Geschäfte verdient machen möchte, der sollte die Fußwege verbreitern und Autostellplätze in Fahrradstellplätze umwandeln. Denn die bringen pro Quadratmeter Stellfläche dem Handel deutlich mehr Umsatz.
Fazit
Entgegen dem Titel trägt die Forderung und die Begründungen nicht „Zum Miteinander von Autos und Fahrrädern im Schulenburgring“ bei. Vielmehr sind sie Ausdruck einer einseitigen Haltung, die entgegen dem vorangestellten Titel nicht einmal einen Interessenausgleich in Betracht zieht. Die ganze Öffnung der Einbahnstraße wird als falsch und überflüssig betrachtet. Die Antragsstellenden pochen für sich „als (Auto abstellende) Anwohner“ auf etablierte Vorrechte gegenüber anderen Anwohner*innen und Straßennutzer*innen. Sie äußern eine Wir-hier-gegen-die-fremden-Radfahrer-von-dort-Haltung und meinen, andere für die eigene Bequemlichkeit bevormunden und ihnen Umwege zumuten zu können. Mit großer Selbstverständlichkeit wird öffentlicher Raum für das Abstellen von privaten Gegenständen eingefordert. Dazu werden übertriebene und falsche Sorgen über Verkehrsgefahren, Umweltprobleme und Wirtschaftsschäden vorgeschoben. Man kann sich fragen, ob dieser Antrag der Ausdruck eines politischen Autofundamentalismus ist.
Tatsächlich ist der Schulenburgring keine Privatstraße, sondern öffentliches Straßenland, das der Allgemeinheit gehört und den Interessen der Allgemeinheit zu dienen hat. Dazu gehören selbstverständlich die Anwohner*innen, die auf ihr Auto angewiesen sind. Aber eben auch die Anwohner*innen, die zu Fuß gehen, die die Öffentlichen Verkehrsmittel nutzen oder die das Fahrrad nutzen. Und selbstverständlich auch die Nichtanwohner*innen. Und genau diesem Interessensausgleich kommt die Straße derzeit näher als vorher: Es gibt weiterhin Stellplätze für Autos, die Gehwege werden von Radfahrenden befreit und der Radverkehr wird nicht unnötig behindert. Die Öffnung der Einbahnstraße unter Berücksichtigung der nötigen Sicherheitsflächen auf den ehemaligen Abstellflächen trägt jedenfalls mehr für ein Miteinander von Autos und Fahrrädern im Schulenburgring bei, als das im Antrag angestrebte Ziel.