Auf dem Vorarlberger Damm wurde in diesem Jahr (2021) der vorhandene Radweg in einer Fahrtrichtung erneuert und verbreitert, was wir begrüßen.
Vor der Baumaßnahme gab es dort einen ca. 1,5 m breiten Radweg, mangelhaft instandgehalten, holprig und uneben, hinter parkenden, die Sicht einschränkenden Kraftfahrzeugen entlang. Als dann die Fahrbahn saniert wurde, fragten wir im Bezirksamt kritisch an, weshalb nur die Fahrbahn, nicht aber die Radwege erneuert wurden. Die Antwort: Die Fahrbahnerneuerung sei ein „Altprojekt“ vor Geltung des Mobilitätsgesetzes. Der Hintergrund: Das Mobilitätsgesetz schreibt vor, dass „bei der Planung von Baumaßnahmen im Straßenland zu prüfen ist …, inwieweit mit dem Abschluss der Baumaßnahme eine Radverkehrsanlage … geschaffen werden kann. Bei jeder Planung und Baumaßnahme des Landes Berlin müssen die Bedürfnisse des Radverkehrs für künftige Planungen berücksichtigt werden.“
Möglicherweise hat aber unsere kritische Anfrage dazu geführt, den Radweg nun doch zu sanieren.
Mit heutigem Stand ist der Radweg in einer Fahrtrichtung zwischen Riemenschneiderweg und der Brücke über die A100 erneuert.
Schauen wir uns nun die Details an und vergleichen das Soll laut Mobilitätsgesetz und Radverkehrsplan mit dem neuen Ist:
Das Soll
Der Vorarlberger Damm ist eine Hauptverkehrsstraße. Darüber hinaus gehört diese Verbindung zum Radvorrangnetz lt. Netzplan der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. An das Radvorrangnetz werden höhere Ansprüche gestellt, hier ein Auszug zu den vorgeschriebenen Qualitätsstandards:
- Regelbreite der Radverkehrsanlage 2,5 m (Einrichtungsverkehr),
- Führungsform i. d. R. geschützter Radfahrstreifen oder baulich getrennter Radweg.
- Oberflächen aus Asphalt oder Ortbeton.
- Es sollen nur in Ausnahmefällen Störungen durch Kraftfahrzeuge auf gleicher Fläche auftreten.
- Die Strecken im Radvorrangnetz sollen ein besonders hohes Niveau der subjektiven Sicherheit erreichen.
Das Ist
Hier zunächst einige Bilder:
Der erneuerte Radweg hat eine Breite von 2,0 m, die an der Querungsstelle Riemenschneiderstraße, an der Einmündung Priesterweg auf ca. 1,5 m reduziert wird. Damit erfüllt der Radweg weder die aktuellen Regel- noch die Mindestvorgaben laut Mobilitätsgesetz und Radverkehrsplan. Zumindest die zwei Meter breiten Abschnitte ermöglichen das Überholen von Radfahrenden untereinander und halten sich an die inzwischen veralteten Empfehlungen für die Breite von Radverkehrsanlagen an Hauptverkehrsstraßen.
Die Oberfläche ist in Asphalt erstellt, das erfüllt die Qualitätsvorgaben – gut!
Die Führungsform „baulich getrennter Radweg“ entspricht ebenfalls den Vorgaben, allerdings blieben die Sichtbeziehungen zwischen dem abbiegenden Kfz-Verkehr und den Radfahrenden so schlecht wie zuvor. Parkende Fahrzeuge behindern die Sicht an Grundstückseinfahrten und am Priesterweg. Das provoziert die sogenannten Abbiegeunfälle.
Die Führungsform „baulich getrennter Radweg“ schützt davor, dass die Radverkehrsanlage von Falschparkern blockiert wird – das ist gut.
Erfreulich ist ebenfalls, dass die Gehbahn und der Unterstreifen ebenfalls erneuert sowie Bäume nachgepflanzt wurden. Hoffentlich wurde Vorsorge gegen Schäden an Rad- und Gehweg durch Baumwurzeln getroffen, indem tiefwurzelnde Baumarten gewählt wurden.
Das Ende der Erneuerung an der Brücke über die A100 führt uns plastisch vor Augen, wie zersplittert die Verantwortlichkeiten für Radverkehrsanlagen in Berlin sind: Auf dem Ingenieurbauwerk ist nicht mehr der Bezirk, sondern die Abteilung V C der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zuständig. Deshalb finden wir nun Stückwerk vor. Der erneuerte Radweg von 2,0 m Breite endet, ein weißer Strich soll Radfahrende auf den schmalen Altradweg von ca. 1,5 m Breite führen. Verpassen sie das, so laufen sie Gefahr, an einer Längskante zu stürzen (siehe folgendes Bild).
Unser Fazit: Es ist erfreulich, dass der Radweg erneuert wurde. Aber er erfüllt nicht die vorgegebenen Qualitätsstandards lt. Mobilitätsgesetz und Radverkehrsplan und weist Sicherheitsmängel (schlechte Sichtbeziehungen) auf.